Offener Brief an Herrn Buch 06 Mai 2024

Herr Buch, ziehen Sie Ihre Horrorabrechnungen zurück! – VoNO!via & Co. MieterInnenbündnis 

https://novonovia.mieterinnenrat.de/offener-brief-herr-buch-ziehen-sie-ihre-horrorabrechnungen-zurueck/


OFFENER BRIEF 

BEWAHREN SIE WELHEIM VOR VERARMUNG UND VERDRÄNGUNG! 

Sehr geehrter Herr Buch, 

wir sind Mieterinnen und Mieter der Gartenstadt Welheim in Bottrop inmitten des Ruhrgebiets. Die Gartenstadt Welheim ist als Arbeitersiedlung und Modellstadt um 1914 errichtet worden und zählt deshalb zum Erbe der Industriekultur. Aus diesem Grund stehen die Häuser unter Denkmalschutz. Die Siedlung umfasst rund 850 Wohneinheiten, wobei eine Vielzahl der Wohnungen von der Vonovia vermietet werden. Unsere Siedlung ist, was die Menschen, die hier leben angeht, vielfältig. Hier leben Familien mit Kindern, Paare, Alleinstehende, Rentner… in erster Linie aber vor allem „Normalverdiener“, die hier ihr zu Hause gefunden haben und gerne hier leben. 

Aus gegebenem Anlass und aufgrund aktuell großer Verzweiflung und Sorge wenden wir uns heute als Mietergemeinschaft mit diesem Offenen Brief an Sie als CEO der Vonovia SE. 

Im März 2023 haben wir mit knapp 140 Mietern, die an eine im Wärme-Contracting betriebene Heizzentrale angeschlossen sind, unsere Heizkostenabrechnung für den Zeitraum 01.04.2021 – 31.03.2022 erhalten, die bei fast allen Parteien mit einer Nachzahlung im 4-stelligen Bereich abschließt. Diese Nachforderungen sind für uns unbegreiflich. Während sich Verbräuche bei den meisten Nachbarn im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert haben und im letzten Jahr nahezu alle noch Guthaben erhielten, werden von der Vonovia jetzt Nachzahlungen von 1.000 Euro bis 4.500 Euro verlangt. 

Wir – Ihre Mieter – sind geschockt und stehen vor einer immensen finanziellen Überforderung! 

Die Höhe der angeblichen Kosten ist uns absolut unbegreiflich. Die Heizkosten einer 64 qm großen Wohnung sollen beispielsweise 4650 Euro betragen haben, pro Quadratmeter werden Kosten von bis über 6,50 Euro berechnet! Das sind ganz unwahrscheinliche Werte! Zwar ist es bereits ab Herbst 2021 zu deutlich höheren Gaskosten gekommen. Das erklärt aber nicht Kosten in dieser Größenordnung!

Wir haben uns zu einer Mietergemeinschaft zusammengeschlossen, um von der Vonovia den lückenlosen Nachweis dieser angeblichen Kosten zu fordern und für dauerhafte Lösungen zu kämpfen. Viele von uns haben sich auch dem MieterInnenverein Witten angeschlossen, mit dem wir nun gemeinsam die Heizkostenabrechnungen prüfen. Dazu benötigen wir die Einsichtnahme in die vollständigen Rechnungen, Zahlungsnachweise und Verträge, die den Heizkostenabrechnungen zu Grunde liegen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Prüfung des Wärmeversorgungsvertrages. Denn angeblich soll sich der Arbeitspreis der Wärme vervielfacht haben. 

Statt nun aber unseren VertreterInnen die vollständigen Belege inklusive der Originalverträge zu zeigen, hat die Vonovia uns individuell Kopien von – zum Teil konzerninternen – Rechnungen geschickt. Die angeforderten Zahlungsnachweise und Verträge fehlen vollständig. Die übersandten Wärmerechnungen der Firma Techem tragen zum Teil der Aufdruck „Entwurf“, zum Teil wurden Sie erst nach Versendung der Heizkostenabrechnungen ausgestellt. 

Herr Buch, was soll das? Sollen wir für dumm verkauft werden? 

Wir haben Anspruch auf Einsichtnahme in die echten Rechnungen, Verträge und Zahlungsnachweise. Mit Entwürfen und nachträglich angefertigten Papieren lassen wir uns nicht abfertigen! 

Da Sie uns die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen bislang nicht vorgelegt haben, haben wir uns mit dem MieterInnenverein die „Wärmeabrechnung“ etwas näher angesehen. Wir mussten feststellen, dass die Anwendung der in der Rechnung abgedruckten Formel zu einem ganz anderen Preis führt als er uns berechnet wird. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Kosten der einzelnen Übergabepunkte aus den Messergebnissen ermittelt werden. In den Abrechnungsschritten kommt es zu Unstimmigkeiten. Manche Zählernummern stimmen nicht überein. In einem Wort: Die ganze Abrechnung ist die reinste Schlamperei! 

Herr Buch, wie kommt Ihr Unternehmen, der größte Vermieter Europas, dazu, uns auf solch einer fragwürdigen und unprofessionellen Grundlage mit extremen Zahlungsforderungen schlaflose Nächte zu bereiten? 

Wir fordern weiterhin die Einsichtnahme in die vollständigen Originalbelege. Solange diese nicht vollständig vorgelegt und von uns geprüft wurden, werden wir auf unser Recht bestehen und keinen Cent Nachforderungen oder Vorauszahlungserhöhungen begleichen! Ziehen Sie Ihre nicht belegten, überzogenen Abrechnungen und Nachforderungen zurück! Legen sie eine ordnungsgemäße, komplett belegte Heizkostenabrechnung vor! 

Sollten hohe Kosten und Nachforderungen nachgewiesen werden, stellen wir Ihnen die Frage, warum sich die Vonovia nicht rechtzeitig um günstigere Verträge und um eine energetische Verbesserung unserer ineffizienten Heizzentrale und Wärmeverteilung gekümmert hat. Sie sind als Vermieter verpflichtet, sich wirtschaftlich zu verhalten! Ihre Versäumnisse dürfen nicht dazu führen, dass Mieter verdrängt oder in die Armut getrieben werden! 

Herr Buch, auch über die folgenden Forderungen würde wir gerne mit verantwortlichen VertreterInnen Ihres Unternehmens in ernsthafte Verhandlungen treten: 

•Rechtzeitig vor Beginn der nächsten Heizperiode muss ein wesentlich günstigerer Wärmeversorgungsvertrag abgeschlossen werden oder die Vonovia muss diese Aufgabe selbst übernehmen, um günstigere Kosten zu garantieren 

•Soweit technisch möglich, müssen Mängel in der Wärmeerzeugung und Wärmeverteilung sofort behoben werden 

•Außerdem muss so schnell wie möglich ein neues Energie- und Wärmeversorgungskonzept für die Siedlung erarbeitet und umgesetzt werden 

Für die Begleitung der Verhandlungen sollte ein „runder Tisch“ eingerichtet werden, dem u. A. die Vonovia und ggf. ihre AuftragnehmerInnen, wir als Mietergemeinschaft, VertreterInnen der Stadt Bottrop und der in dem Wohngebiet tätigen Mietervereine angehören. 

Sehr geehrter Herr Buch, es ist uns ernst. Es geht um unsere Heimat. Viele von uns leben bereits seit Jahrzehnten in der Siedlung oder sind sogar zum Teil hier geboren. Andere von uns leben in direkter Nachbarschaft mit ihren Eltern, Großeltern oder Geschwistern hier. Wir schätzen unsere Nachbarschaft und sehen uns als große Gemeinschaft. Unsere Kinder besuchen sich gegenseitig, gehen hier zur Schule. Familien treffen sich auf Spielplätzen, andere treffen sich zu gemeinschaftlichen Hunderunden oder Spaziergängen. Wir Nachbarn unterstützen uns gegenseitig und schätzen das Zusammenleben. 

Wir sind stolz auf unsere Gartenstadt Welheim. Liebevoll gestaltete Gärten und Vorgärten und die gute Nachbarschaft machen die Siedlung zu dem, was sie heute ist. Doch all das droht durch Ihre extremen, nicht belegten und unbegründeten Forderungen gerade zu zerbrechen! 

Wir haben Angst unser zu Hause zu verlieren – unser zu Hause, dass wir uns mit viel Zeit und Liebe gestaltet haben, weil wir diese hohen Nachzahlungen und die dadurch gestiegenen künftigen Mieten, die ab jetzt bei vielen von uns 1.000 Euro oder mehr pro Monat betragen, nicht bezahlen können. „Wir geben Menschen ein Zuhause“ heißt es auf Ihrer Internetseite. Für uns fühlt es sich aber gerade an, als würde man uns „unser“ Zuhause nehmen. Sehr geehrter Herr Buch, wir laden Sie herzlich zu uns nach Welheim ein, um sich selbst ein Bild zu machen und die erforderlichen Gespräche einzuleiten. 

Mit freundlichen Grüßen 

Die Sprecherinnen und Sprecher der Mietergemeinschaft Gartenstadt Welheim und der MieterInnenverein Witten u. Umg. e.V., Schilllerstraße 13, 58452 Witten    

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